Türkei Teil 5: Zentraltürkei und Kappadokien

 

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2.4.2022

Tarsus – Kazıklıali Schlucht, Türkei (Ab in die Höhe)

Km: 150

Km Total: 12’950

Heute muss der Iveco hart arbeiten. Es geht von Meereshöhe auf 1600 Meter rauf. Wir bevorzugen für diese Bergstrecke die Hauptstrasse und nicht die Autobahn, da diese voll mit Lastwagen ist! Grund dafür ist der grösste Hafen der Türkei in Mersin, von wo aus LKW’s Güter ins ganze Land fahren. Je höher wir kommen, je näher ist auch der Schnee. Um die Mittagszeit suchen wir in den leeren Restaurants etwas zu Essen. Es ist ab heute Ramadan, die islamische Fastenzeit. Muslime dürfen während eines Monats zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nichts essen oder trinken. Wir und einzelne andere Gäste bekommen dennoch etwas aus dem zum Teil reduzierten Angebot zu Essen serviert :-)!

Am Rande des Aladağlar Nationalparks kommen wir bei unserem Ziel, der Kazıklıali Schlucht, an. Wir finden einer der wohl schönsten Schlafplätze dieser Reise. Im Hintergrund die über 3000 Meter hohen Gipfel des Taurusgebirges und direkt neben uns die Kazıklıali Schlucht. 10 Minuten nach unserer Ankunft kommt auch gleich ein Park-Ranger mit seinem antiken Renault angerauscht und will die Nationalparkgebühren einkassieren.

 

3. – 4.4.2022

Kazıklıali Schlucht, Türkei

Draussen bläst ein kühler Wind, wir geniessen am Vormittag die fantastische Aussicht von unserer Couch aus und beschäftigen uns mit Tagebuchschreiben, Internet, Haushalt etc. Wir sind übrigens immer noch begeistert vom offenen hellen Wohnraum unseres Campers. Die Frontscheibe hat uns schon einige fantastische Ausblicke beschert! Im Verlaufe des Morgens erblicken wir am Horizont plötzlich drei grosse Hunde, die langsam auf uns zutrotten. Wir steigen aus und bestechen sie erst mal mit ein bisschen Hundefutter :-).

Nicht nur die Grösse der Kangal-Hunde ist aussergewöhnlich, sondern auch deren furchterregenden Stachelhalsbänder. Es handelt sich um die Herdenschutzhunde, die zu der grossen Schafherde gehören, die nun auch langsam über den Hügel gezogen kommt. Die Stachelhalsbänder werden ihnen angelegt, damit sie bei Raubtierangriffen nicht in den Hals gebissen werden können. Wir haben auf jeden Fall ziemlich Respekt vor den riesigen Hunden und lassen die Streicheleinheiten erst mal sein. Die Herde sowie weitere Hunde nähern sich, bis wir und der Iveco inmitten der Schafherde sind :-).

Friedlich grasen die wolligen Tiere eine Weile neben uns, benützen den Iveco als Kratzhilfe und die Hunde machen es sich im Schatten des Ivecos gemütlich. Einer der sieben! Hunde ist besonders zutraulich und lässt sich gerne von uns kraulen. Wir probieren ein paar Worte mit dem Schafhirten zu wechseln und können endlich unseren auf Türkisch erlernten Satz „Die Schafe sind schön“ zum Besten geben :-). Bald treibt der Hirt die Schafe weiter und wir bereiten uns auf unsere Wanderung in die Schlucht vor.

Wir marschieren zuerst entlang der Kluft über die Hochebene, dann führt ein Strässchen hinunter in die Schlucht. In gut zwei Stunden laufen wir durch die ganze Schlucht und sind begeistert von der wunderschönen Felslandschaft die wir hier vorfinden. Die verschneiten Berge im Hintergrund machen alles noch schöner :-). Gegen Ende treffen wir sogar auf andere Leute, ein Paar aus Österreich, die hier am Klettern sind und ebenfalls mit dem Camper (LKW) unterwegs sind. Sie sind bereits einige Tage hier und haben am Vortag sogar eine Skitour im Aladağlar-Gebirge unternommen.

 

Am nächsten Tag fahren wir in den Nationalpark hinein, wir wollen auf dem offiziellen Campingplatz übernachten. Eigentlich ist es eine kurze Strecke dorthin, doch wir kommen nur langsam voran, da wir immer wieder Tiere sichten.

Zuerst entdecken wir an einem nahegelegenen Hang ein Rudel Steinböcke! Aufgeregt zücken wir Feldstecher und Fotoapparat. Die schönen Tiere mit den prächtigen Hörnern und schwarzen Bockbärten bewegen sich nur langsam von uns weg, so dass wir sie eine ganze Weile beobachten können. Etwas weiter von den Böcken entdecken wir auch noch Steingeissen mit Jungmannschaft. Ein schönes und total unerwartetes Erlebnis! Während der weiteren Fahrt begegnen uns noch einige „Wildhühner“, ein Weidehopf-Paar und ein Eichhörnchen. Nach den willkommenen Zwischenhalten kommen wir auf dem inmitten einer herrlichen Bergkulisse liegenden Campingplatz an. Es hat noch Schneeresten und die Grasflächen sind ziemlich matschig. Da wir sowieso alleine sind, finden wir aber problemlos ein geeignetes Plätzchen. Ausser uns ist nur der Park-Ranger anwesend, der aber unsere Ankunft nicht bemerkt, da er auf der Rückbank seines alten Renault 9 schläft :-). Es gibt hier sogar ein flottes Sanitärgebäude, das ich schon mal besichtige. In einer Toilette sehe ich einen stark tropfenden Wasserhahn und will ihn schliessen. Diese Aktion hätte ich besser sein lassen!

Das Wasser spritzt mir mit Hochdruck um den Kopf, der Hahn ist anscheinend kaputt und war behelfsmässig geflickt! Mit klitschnassem Kopf renne ich zum Camper, um Stefan zu Hilfe zu holen. Keine einfache Sache, auch sein Kopf ist kurzum nass! Wir holen Werkzeug, mittlerweile ist auch der Ranger aus seinem Renault gekrochen und kann immerhin mal den Hauptwasserhahn abschalten. Mit viel Kreativität kann Stefan den Hahn provisorisch flicken und der Ranger will sich der Sache morgen annehmen. 


Aufgrund der Sprachbarriere können wir leider nicht viel mit ihm reden, doch als wir ihm von den Steinböcken erzählen, holt er sein Fernglas und zeigt uns einen Platz, wo die Steinböcke oft verweilen. Und tatsächlich erspähen wir hoch oben eine ganze Gruppe, die genüsslich in der Sonne liegen oder in den Felsen rumkraxeln. Wir bieten dem Ranger ein Tee an, doch er lehnt ab, er hält sich streng an den Ramadan. Auch seinen Gebetsteppich hat er dabei und verrichtet später seine Gebete mitten auf dem Campingplatz.

Am Nachmittag unternehmen wir eine kurze Wanderung in die Berge hinein, doch der Schnee hält uns bald vom weiteren Aufstieg ab und wir geniessen den Rest des Nachmittags auf dem stillen idyllischen Campingplatz.  

 

5.4.2022

Kazıklıali Schlucht – Göreme, Türkei

Km: 150

Km Total: 13’100

Wir wollen sie nochmals sehen bevor wir losfahren, die Steinböcke von gestern! Und tatsächlich, sie sind am selben Ort. Ein Steinbock steht sogar zuoberst auf dem Gipfel! Wir verlassen zufrieden das auf 1600 m gelegene Tal. Unterwegs begegnen wir nochmals dem Ranger, doch können wir uns leider nicht von ihm verabschieden, da er wieder auf der Rückbank des Renaults schläft :-). 

Wir lassen das Aladağlar-Gebirge hinter uns und fahren schon bald auf der 1300 m hohen Hochebene in Richtung Kappadokien. Die flache Landschaft scheint uns sehr langweilig, das triste, dunstige Wetter trägt nicht zur Stimmung bei und wir können uns fast nicht vorstellen, dass sich hier die weltbekannten Kappadokien befinden sollen.


Unterwegs finden wir trotz der Fastenzeit Ramadan ein Beizli, dass uns eine Suppe und eine lokale Spezialität, einen Tontopf mit brodelnden Poulet, serviert.

Nun kommt Kappadokien, die wohl touristischste Region in der gesamten Türkei, näher. Wir sehen die ersten Felsenhöhlen und Tuff-Felsen (mehr Details im nächsten Bericht) und landen kurz darauf im mega-touristischen Dorf Göreme. Da wir 10 Tage hier sein werden schauen wir uns alle drei Campingplätze an. Zum Glück ist der schönste auch zugleich der günstigste :-).

Extreme Touristenorte haben auch ihre guten Seiten, und so besuchen wir am Abend ein leckeres indisches Restaurant und füllen unsere Bäuche mit würzigen Curry-Gerichten.

 

6.4. – 17.4.2022

Göreme, Türkei (Kappadokien)

Km: 80

Km Total: 13’180

 

Der Bericht über das weltberühmte Kappadokien ist in folgende Kapitel eingeteilt:

1. Die ersten Tage alleine

2. Familienbesuch aus der Schweiz

3. Die letzten Tage alleine

 

Link vom Tagblatt.ch - ein spannender Reisebericht mit vielen interessanten Hintergrundinformationen über Kappadokien. Sehr lesenswert! Wir haben aus diesem Grund keine Einzelheiten zu den besuchten Orten erwähnt.

 

1. Die ersten Tage alleine

Der Grund, wieso wir uns für zehn Tage auf einem Campingplatz einrichten, ist der erwartete Familienbesuch aus der Schweiz! Meine Eltern und Stefans Mutter kommen uns für fünf Tage besuchen! Nach fast einem Jahr unterwegs, freuen wir uns wahnsinnig unsere Liebsten zu sehen! Doch vorher gibt es noch so einiges zu erledigen und so verbringen wir die ersten zwei Tage hauptsächlich auf dem Campingplatz und erledigen aufgeschobene Arbeiten wie Wäsche waschen, Camper aufräumen und putzen sowie die immerzu anstehenden Arbeiten wie Tagebuchschreiben, Fotos sortieren, Webseite bearbeiten etc. Das Dorf Göreme erreichen wir in nur 10 Minuten Fussmarsch und so lassen wir uns jeden Abend von der dort angebotenen kulinarischen Vielfalt verwöhnen!

Am zweiten Tag holt uns um 6 Uhr morgens ein von draussen herkommendes zischendes Geräusch aus dem Schlaf. Wir öffnen das Rollo und sehen vor unserer Nase drei Heissluftballone in den Himmel steigen. Wir reiben uns die Augen, nein wir träumen nicht! Das zischende Geräusch kommt von den Gasbrennern der Ballone. Wir wissen natürlich, dass Kappadokien auch für seine Ballonfahrten berühmt ist. Dass wir dies allerdings direkt von unserem Campingplatz mitbekommen, hätten wir nicht erwartet. 


Wir rollen aus dem Bett und laufen auf die Aussichtsterrasse des Campings. Von hier sehen wir um die 40 farbige Ballone, die über der bizarren Landschaft am Himmel schweben! Ein atemberaubendes Bild, fast wie aus einer anderen Welt! Wir laufen zu einem weiteren Aussichtspunkt ausserhalb des Campingplatzes, der ebenfalls ein fantastisches Panorama bietet und ausserdem ohne Gegenlicht fürs Fotografieren besser geeignet ist. Super Start in den zweiten Tag!

 

2. Familienbesuch aus der Schweiz

Am 8. April ist es dann soweit! Wir nehmen gegen Mittag das vorher organisierte Mietauto in Empfang. Wir müssen zugeben, dass dieser Renault Symbol doch ein bisschen angenehmer zu fahren ist als unser Iveco ;-). Und so rauschen wir erst mal ein bisschen durch die Gegend, Stefan kann wieder Mal richtig aufs Gas drücken, und wir erkunden schon mal die Region. Im nahegelegenen Städtchen Avanos essen wir zu Mittag und entdecken per Zufall den kunterbunten Wochenmarkt, wo lautstark Gemüse, Früchte, Gewürze und Kräuter feilgeboten werden, aber auch Werkzeuge, Viehzubehör, Kleider und Schuhe verkauft werden. Gegen Abend machen wir uns auf zum Flughafen, der eine gute Stunde von Göreme entfernt liegt, in der Millionenstadt Kayseri. Um 22.00 Uhr ist die erwartete Ankunft! Es ist ein kleiner Flughafen, wir müssen vor dem Gebäude warten, da in den Ankunftsbereich niemand eingelassen wird. Eine halbe Stunde nach der Landung werden wir langsam etwas unruhig, alle Leute sind bereits draussen, wo bleiben sie denn? Wir ahnen, dass mit dem Gepäck etwas nicht geklappt hat! Plötzlich erspähen wir sie, durch zwei Glasscheiben hindurch, im Gepäckbereich. Wir winken, Stefans Mutter Rosmarie hat uns bereits entdeckt und stürmt im Eilschritt zu uns hinaus, ohne Gepäck… Ein herzliches Wiedersehen! Nun beginnt aber leider ein kleines Drama! Das Gepäck wurde bereits mit einem vorherigen Flieger nach Kayseri transportiert und ist deshalb nicht auf dem Gepäckband. Ein Flughelfer organisiert die Koffer, fragt aber logischerweise nach der dritten Person (Rosmarie), die unglücklicherweise bereits draussen steht und nicht mehr eingelassen wird. Dies ist jedoch meinen Eltern nicht bewusst und so verlässt auch meine Mutter Christa den Gepäckbereich, um Rosmarie wieder reinzuholen. Wir können noch verhindern, dass auch sie ganz aus dem Gebäude rauskommt und so steht nun Rosmarie bei uns, Christa steckt im Zwischenbereich fest und Vater Hans wartet im Gepäckbereich! Wir probieren mit der Türsteherin zu verhandeln, sie spricht jedoch kaum Englisch und hält sich strikt an ihre Vorschriften. Nun verliert Rosmarie die Nerven und drängt sich ungestüm an der Türsteherin vorbei. Gefolgt von dieser läuft sie zur nächsten Tür, wo Christa mit einem Wachmann per Google-Translate am Verhandeln ist. Auch hier läuft Rosmarie durch, ein kleines Handgemenge entsteht, worauf sie sich vom Wachmann losreisst und wieder im Gepäckbereich steht, umringt von Sicherheitsleuten! Was für ein Tumult!!! Gleichzeitig ist Hans mit dem Flughelfer und Gepäck unterwegs zum Ausgang. Die Lage beruhigt sich, Rosmarie kommt glücklicherweise ohne weitere Konsequenzen aus dem Gebäude raus und kann ihren Koffer draussen vom Flughelfer in Empfang nehmen. Endlich können wir uns alle begrüssen und in die Arme nehmen. Die grosse Aufregung hat die übrigen Emotionen etwas überschattet, trotzdem überwiegt die Freude! Die stündige Fahrt ins Hotel verläuft zum Glück ohne Komplikationen und unsere Eltern beziehen ein extravagantes Zimmer in einem der vielen Höhlenhotels.

Der Besuch aus der Schweiz bringt uns einiges von Zuhause mit. Über 2 kg Schokolade (u.A. drei Osterhasen :-)), Käse, Fondue, Raclette, 3x Mayonnaise, Tee, Landkarten, Fensterdichtungsmasse, Jonglierbälle und noch einiges mehr! Freude herrscht!

 


Die nächsten fünf Tage erkunden wir zusammen das einzigartige Kappadokien. Die vielen Täler sind über ein grosses Gebiet verstreut, jedes besticht mit einmaligen Felsformationen, in verschiedenen Farbtönen, geschaffen durch Wind und Wetter. Ein Naturspektakel des Sondergleichen! Wir besuchen die bekanntesten Täler, unternehmen kleine Wanderungen, besichtigen alte Höhlenkirchen- und Behausungen, streifen durch den Wochenmarkt in Nevşehir und kosten das leckere türkische Essen. Wir geniessen die gemeinsame Zeit und freuen uns, dass wir dieses aussergewöhnliche Erlebnis mit unseren Eltern teilen können.

 

Rose Valley & Red Valley:

 

Ürgüp, die drei Grazien & Devrent (Imagination) Valley:

 

Göreme, Sunset Point & Open Air Museum:

 

Pasabag Valley:

 

Zelve Valley & Göreme:

 

Love Valley:

 

Uchisar Castle:

 

Ilhara Valley:

 

Wie entstand diese Gegend? Zwei aktive Vulkane haben die Gegend vor 50 Millionen Jahren mit einer dicken Lavaschicht bedeckt. Erkaltet ergab das eine Mischung aus Basalt, Asche und Sand. Die Masse hat sich im Laufe der Zeit zu Tuff verfestigt, einem weichen Gestein. Das Wetter leistete seinen Beitrag und verformte die unterschiedlich harten Gesteinsschichten zu aussergewöhnlichsten Formationen und Landschaften. Weitere interessante Hintergrundinformationen sind neben dem Tagblatt-Bericht auch auf Google zu finden :-).

 

Am vierten Tag erleben wir einen Wintereinbruch, die Tagestemperaturen sinken von angenehmen 20 Grad auf 5 Grad und zwischendurch schneit es sogar. Eigentlich ein idealer Tag, um die unterirdische Stadt in Derinkuyu zu besuchen. Doch leider macht uns mein Magen ein Strich durch die Rechnung. Bereits in der Nacht erwache ich und fühle mich sehr unwohl. Gegen Morgen ist dann endgültig klar, dass es sich um ein Magen-Darm-Problem handelt. Auch der Kreislauf bricht zusammen, ich verliere auf dem Rückweg vom WC kurz das Bewusstsein und Stefan muss mich vom Boden auflesen.

Das macht uns Angst und wir beschliessen, ins nächste Spital zu fahren, ca. 15 Min. entfernt. In der Notaufnahme sprechen wir kurz mit einem Arzt, bald darauf liege ich auf einem Bett und per Infusion wird mir eine Salzlösung eingespiesen. Mehr kann hier nicht gemacht werden, falls es wieder schlimmer wird, müssten wir in ein anderes Spital. Ich fühle mich etwas besser, der Kreislauf hat sich stabilisiert, und zwei Stunden später sind wir wieder zurück beim Camper. Angesichts meines schwachen Zustands, verzichten wir aber auf den heutigen Ausflug. Die Eltern nehmen ein Taxi und erkunden die unterirdische Stadt Derinkuyu alleine. Es ärgert mich sehr! Wir hatten auf der ganzen bisherigen Reise nie etwas Derartiges gehabt. 


Ausgerechnet wenn Besuch da ist, muss so etwas passieren! Vermutlich habe ich am Vortag etwas Schlechtes gegessen. In Nevşehir assen wir in einem kleinen nicht-touristischen Restaurant, wo trotz Ramadan ein reduziertes Menu angeboten wurde. Alle haben dasselbe gegessen, zusätzlich haben Stefan und ich je ein Glas Ayran (Joghurtdrink) getrunken. Komischerweise, aber zum Glück, hatte ausser mir niemand Probleme.

 

Am 14. April, morgens um 5.30 Uhr, brechen wir auf zum Flughafen. Es heisst leider schon wieder Abschied nehmen. Dieses Mal kommen wir ohne Polizeieinsatz davon und können das letzte Morgenessen gemeinsam am Flughafen geniessen. Der Abschied fällt schwer, da wir einander eine lange Zeit nicht wiedersehen werden.

 

3. Die letzten Tage alleine

Wir bleiben nochmals drei Tage auf dem Campingplatz, unternehmen zweimal eine längere Wanderung durch bereits bekanntes, aber auch unbekanntes Gelände. Eine fantastische Gegend zum Wandern!

 

Uchisar & Tauben-Tal (Pigeon Valley):

 

Red Valley & Rose Valley:

Am 17. April verlassen wir den Campingplatz und holen noch den Besuch einer unterirdischen Stadt nach, von welchen es in der Gegend über 37 gibt! Wir entscheiden uns für Kaymakli, ein Höhlenlabyrinth aus Tunneln und Räumen, acht Stockwerke tief wurde der Boden ausgehöhlt (jedoch sind nur vier zugänglich)!

Die Städte sind über 2000 Jahre alt, wurden jedoch in verschiedenen Jahrhunderten genutzt und weiter ausgebaut und dienten vorwiegend als Versteck vor Angreifern. Die Bewohner hausten teilweise monatelang unter dem Boden!

Zurück in Göreme gönnen wir uns nochmals ein leckeres indisches Abendessen und fahren anschliessend auf einen Übernachtungsplatz mit grandioser Aussicht auf die Felslandschaft. Unterwegs sichten wir einen schönen grauen Fuchs, der in der Dämmerung durch die Gegend schleicht. Später am Abend machen wir Bekanntschaft mit René aus Berlin, der mit seinem Renault Twingo von Deutschland über die Türkei in den Iran unterwegs ist und im Auto übernachtet! Natürlich laden wir den netten Kerl zu uns ins Iveco-Wohnzimmer ein und geniessen Tee und Cookies beim Plaudern.   

 

18.4.2022

Göreme – Kangal, Türkei

Km: 270

Km Total: 13’450

13 Tage Kappadokien! Das können wir uns zeitlich auch nur leisten, weil wir dank unserer Türkischen Identitätskarte länger als drei Monate in der Türkei verweilen dürfen. Die Zeit ist reif um weiterzufahren! Vor 10 Uhr fahren wir bereits los. Grund ist der Wind. Auch in der Nacht und jetzt am Morgen bläst es stark, laut Vorhersage soll es in wenigen Stunden knapp 100km/h Wind haben! Es geht gegen Osten. Wie erwartet steigert sich der Wind und er bläst voll von der Seite. Die Sonnenstore klappert durch den Sturm beängstigend, uns schüttelt es hin und her und das Lenkrad muss fest im Griff gehalten werden. Nun wird es uns zu bunt, wir legen eine Tee-Pause ein und hoffen, dass der Wind etwas weniger wird. Nach der Hälfte der Strecke ziehen wir die Nebenstrassen vor. Warum Nebenstrassen, fragt sich jetzt vielleicht der eine oder der andere? Die sind doch in Ländern wie der Türkei oft in schlechterem Zustand! Uns zieht es trotzdem regelmässig auf solche Pfade! Man fährt gemütlich durch Dörfer, hat Zeit das lokale Leben zu erfahren und erlebt einfach die Gegend intensiver, als wenn man über Hauptstrassen rauscht.

Ein Abschnitt dieser Nebenstrasse wird vermutlich nur noch von Traktoren befahren, auf jeden Fall begegnet uns kein Auto und unsere Geschwindigkeit ist wegen der ungeteerten, steinigen Strasse auf 20km/h reduziert! Die Gegend wird stark landwirtschaftlich genutzt. Ackerbau soweit das Auge reicht und die winzigen Dörfer bestehen lediglich aus Bauernbetrieben. Die immer wieder auftauchenden Hügel sind mit kargem Gras bedeckt, teilweise liegt noch Schnee. Da neben uns kein Verkehr herrscht, begrüssen uns sogar eine Art Erdmännchen und auffallend schöne Enten am Strassenrand :-).

Trotz der einsamen Gegend ist es eher schwierig einen Schlafplatz zu finden. Die wenigen Wege, die von der Strasse abzweigen, führen meist zu Wohnhäusern. Auf Plätzen direkt an der Strasse wollen wir nicht stehen und die restlichen Flächen werden vom Ackerbau eingenommen. Nach etwas Suchen landen wir auf einem Picknickplatz, etwas abseits unserer Strasse. Leider ist ein Thermalkraftwerk in der Nähe und wir riechen draussen einen etwas ungewöhnlichen Geruch, der vom Wind in unsere Richtung geblasen wird.

 

19.4.2022

Kangal – Divriği, Türkei

Km: 140

Km Total: 13’590

Nach wenigen Kilometern steuern wir das Dorf Kangal an.

Bereits anfangs Dorf steht voller Stolz ein Riesenhund mitten im Kreisel. Von hier kommen die berühmten Kangal-Hunde, die wir bereits sehr oft auf unserer Reise durch die Türkei angetroffen haben. Die immer sehr liebenswerten Hunde werden bis 60 kg schwer und werden von den meisten Viehhirten als Herdenschutzhunde eingesetzt.


Wir ziehen an diesem regnerischen Tag weiter gegen Osten bis ins Städtchen Divriği und suchen uns am frühen Nachmittag trotz Ramadan etwas zu Essen. Wie erwartet ist das Angebot eingeschränkt. Es gibt eine türkische Pizza, Pide genannt, je eine Suppe und zwei Tee. Unsere Suppenteller sind nur zur Hälfte gefüllt, hmmm... warum wohl? Beim Bezahlen besteht die Frau darauf, dass wir die Suppe nicht bezahlen, da diese ihnen anscheinend ausgegangen ist. Und so bezahlen wir nur drei Franken für unsere Verpflegung!

Jetzt nehmen wir euch mit zu einem Bauwerk das Seinesgleichen sucht! Die Divriği-Moschee. Wir sehen schon von weitem, dass sie (seit 6 Jahren bereits) renoviert wird. Die Tore sind zu und Eintritt wird nicht gewährt. Trotzdem stehen wir voller Begeisterung vor den Toren der Moschee.

Das 800 Jahre alte Bauwerk ist mit seinen gemeisselten Steintoren, welche hinterschnittene und brückenbildende Formen aufweisen, und dem äusserst guten Zustand angeblich einzigartig in der Islamischen Welt. Es gibt Leute die sagen, dass die aussergewöhnliche und aufwendige Handwerkskunst die Existenz von Gott beweise. So weit gehen wir nicht :-) aber wir sind voller Begeisterung.

Jetzt weiter, mit dem Gedanken im Kopf einen Schlafplatz zu finden. Entlang einer grossen Eisenerzmine mit der grössten Eisenreserve der Türkei fahren wir weiter gegen Osten. Auf Google Maps entdecken wir per Zufall eine wunderschöne Felslandschaft nicht allzu weit weg von der Strasse. Wir steuern den Iveco mehrere Kilometer über eine Schotterstrasse bis zu unserem Ziel und parkieren für die Nacht mangels Alternativen am Strassenrand.

 

20.4.2022

Divriği – Kemah, Türkei

Km: 120

Km Total: 13’710

Trotz des unüblichen Übernachtungsplatzes direkt am Strässchen, haben wir super geschlafen. Die Nebenstrasse ist kaum befahren. Und auch das Wetterglück ist auf unserer Seite! Bei schönstem Sonnenschein wandern wir zu den Felsformationen.

In der hügeligen grünen Landschaft öffnen sich tiefe Gräben, die verschiedenen roten Gesteinsschichten kommen zum Vorschein, von Wind und Wetter wurden teilweise hunderte kleine Felstürmchen gebildet. Es wundert uns, dass dieses fantastische Naturwunder absolut unbekannt ist. Wir erkunden die ruhige Gegend fast zwei Stunden lang zu Fuss und geniessen die herrliche Landschaft ringsherum. In der Nähe gibt es einen grossen einsamen Hof, von wo aus die Hirten mit ihren Ziegen, Schafen und Rindern über die Hügel hinausziehen. Die Weiterfahrt Richtung Erzincan führt uns durch atemberaubende Landschaften.

Die rundlichen Hügel aus weichem Gestein sind karg bewachsen und zerfurcht. Die saftig grün leuchtenden Felder in den Tälern stellen einen krassen Gegensatz zu den trockenen braunen Hügeln dar. Wo immer ein Fluss durchs Tal fliesst, wachsen hohe Pappeln am Flussufer. Am Horizont taucht wiederholt das schneebedeckte Gebirge auf. Wir sind fasziniert von den verschiedenen Gesteinsschichten, die sich teils in Bändern durch die Berge ziehen, ganze Hügel oder einzelne Felsen prägen. In der Stadt Ilic machen wir einen Stopp, um etwas zu essen. Wieder einmal gibt es unser Ramadan-Menu: Pide! Wir sind immer wieder erstaunt, dass es in dieser doch eher isolierten Gegend solch grosse Dörfer, ja fast Städte, mit etlichen Wohnblöcken gibt. Bevor wir Ilic verlassen, fahren wir kurz auf einen Aussichtspunkt mit einem herrlichen Panorama. Was uns in dieser Gegend auch auffällt, sind die überaus vielen Schafe, die in grossen Herden übers Land ziehen oder vor den einfachen Ställen in Pferchen verweilen. Auf einer kleinen kurvigen Strasse fahren wir weiter gegen Osten.

Die roten Gesteinsschichten werden immer öfter und intensiver, Felsen und Boden, ja die ganze Landschaft verfärbt sich rot! Wir freuen uns, dass wir in dieser Gegend einen schönen Platz zum Übernachten finden, etwas abseits der Strasse in der Nähe eines alten Steinbruchs. Während des Nachtessens, es ist bereits dunkel, hören wir plötzlich Autotüren und Stimmen. Es ist uns etwas mulmig zumute, wir öffnen die Tür und sehen im Licht der Scheinwerfer vier Männer. Zwei kommen näher, wir grüssen freundlich und sie fragen uns auf Türkisch etwas. Stefan steht in der Tür und entgegnet nur, dass wir nichts verstehen. Das ist anscheinend schon alles, was sie wissen wollen… Sie verabschieden sich und sind schnell wieder verschwunden. Den Rest des Abends spekulieren wir, wer das wohl gewesen ist. Waren es neugierige Nachbarn oder die Polizei? Wir wissen es nicht, aber wir tippen eher auf zivile Polizei oder Militär.

 

21.4.2022

Kemah, Türkei

Berichte schreiben, Brot backen, jonglieren. So verbrachten wir den gemütlichen Tag an einem wunderschönen Platz!

 

22.4.2022

Kemah – Bindal, Türkei

Km: 110

Km Total: 13’820

Wir fahren weiter durch ein Tal, dem Euphrat entlang. Wie auch uns, kommt euch dieser Fluss eventuell bekannt vor. Er ist zusammen mit dem Tigris einer der wichtigsten Flüsse in Vorderasien und führt weiter nach Syrien und Irak, wo er die Lebensader für Millionen von Menschen bildet.

Es wird erzählt, dass zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris das Paradies, der Garten Eden, liegt. Bereits vor 5000 Jahren entstanden den Flüssen entlang Hochkulturen. Heute ist der Euphrat in den Schlagzeilen, weil er am Austrocknen ist und Millionen von Menschen in Syrien und Irak an Wasserknappheit leiden. Die Wasserknappheit ist zum einen auf den Klimawandel zurückzuführen. Zum anderen jedoch auch auf politische Gründe, da die Türkei mit den etlichen Staudämmen ein Teil des Wassers angeblich absichtlich zurückhält.


Nun weiter mit der Fahrt. Zu unserer Überraschung kommen wir an einem schwer bewachten Militär-Checkpoint vorbei. Mehrere schwer gepanzerte Fahrzeuge stehen bereit und das Militär steht mit schusssicheren Westen und Gewehren da. Man winkt uns durch. Wie immer, beobachte ich das Geschehen im Rückspiegel und bemerke, dass einer uns hinterherläuft und winkt. Also müssen wir doch anhalten. Die etwas mürrischen Männer prüfen unsere Pässe genau und sogar unsere türkischen Identitätskarten. Nun steigt einer in den Camper und will sehen, ob noch andere Leute drin sind. Wir vermuten, dass die verstärkte Präsenz auf die Spannungen zwischen der Kurdischen Arbeiterpartei PKK und der türkischen Regierung zurückzuführen sind. In der grösseren, völlig untouristischen Stadt Erzincan, steuern wir direkt die grosse Shopping Mall an, da dies während dem Ramadan der beste Ort ist, um ein Mittagessen zu bekommen. Bevor wir etwas zwischen die Zähne kriegen, werden wir am Stand einer Tierschutzorganisation abgefangen und wir spenden natürlich gerne ein paar Lira für einen guten Zweck. Weiter in den hohen Regionen der Türkei. Wir meistern einen 2100m hohen Pass und suchen vergebens einen geeigneten Schlafplatz. Wir wollen abseits der Hauptstrasse, etwas versteckt sein. Ein kleines, kaum befahrenes Strässchen führt Richtung winziger Dörfer; wir versuchen unser Glück. Im ersten Dorf erklärt uns ein erstaunter alter Mann, dass die Strasse nicht durchgängig befahrbar sei. Wir kehren um und stellen uns auf einen Platz zwischen dem Dorf und der Hauptstrasse.

 

23.4.2022

Bindal – Zigana, Türkei

Km: 150

Km Total: 13’970

Wie vor drei Tagen bekommen wir am Morgen Besuch von irgendwelchen Sicherheitsleuten. Ohne einen Ausweis zu zeigen, ohne Uniform, ohne offizielles Fahrzeug. Wir vermuten, dass es sich um eine Art Bundespolizei handeln muss. Mit etwas ernsten Gesichtern wollen sie wissen, was wir hier tun und wir erklären mit unseren wenigen türkischen Worten, dass wir gleich weiterfahren werden. Und sie sind so schnell weg wie sie gekommen sind. Wir ziehen weiter gegen Osten.

Unterwegs füllen wir 200L quellfrisches Wasser am Strassenrand auf und leeren unsere Toilette bei einer Moschee. Hier in den Bergen hat es sehr häufig kleine einsame Moscheen am Strassenrand, die immer einfachste Plumpsklos und fliessend Wasser haben. Also perfekt zum Entleeren des WC’s :-).

Die Fahrt zieht sich durch karge, braune, steinige Täler. Mittendrin grössere Orte wie Gümüşhane, in denen fast immer wie verrückt gebaut wird.

 Oft entstehen ganze Blocksiedlungen. Auf einem direkteren Weg, der jedoch über kleine, eher unbefahrene Strässchen führt, erklimmen wir den 2100m hohen Pass. Dort stellen wir neben einem Skilift unser Lager auf und gönnen uns einen Tee in einem der Passrestaurants. 

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